Liner – Notes von CAMPINO

 
Dreiecksstuben, Düsseldorf im Winter 1978.
Ein Typ im weissen Kittel, der aussieht als wäre er von der Metzgerei nebenan
direkt hier auf die Bühne gelaufen, steht mit hochrotem Kopf vorm Mikro
und schreit : »Ich liebe es nur monoton, ich liebe nur den Euroton...«
Ich stand unten im Publikum und dachte mir : »Ja, so muss es gehen
- so muss sich Punkrock auf Deutsch anhören !«
Wer sich mit den Anfängen der deutschen Punk- und New-Wave-Bewegung auseinandersetzt, kommt an Syph nicht vorbei. Sie standen immer etwas abseits und sind ihren eigenen Weg gegangen. Ihr Sound war kompromissloser als der von
den meisten und sie hatten es irgendwie drauf, die »Kälte der Moderne« deutlich
in ihre Musik fliessen zu lassen.
Rückblickend sind sie mitverantwortlich für die besten Parolen dieser Zeit.
»ZURÜCK ZUM BETON«, »Lachleute & Nettmenschen« - keine Ahnung
auf wieviele Toilettentüren und Wände wir diese Sprüche gekritzelt haben. Ausserdem lieferten sie mit »Industrie-Mädchen«
das schönste Liebeslied dieser Jahre.
Ich habe Harry immer mehr als einen Beobachter der Szenerie empfunden,
weniger als ein Bestandteil.
Kein Wunder, dass er irgendwann beim Film gelandet ist.

CAMPINO, Februar 2004